Foto: Jakob-Brucker-Gymnasium, Juli 2025
Pforzen im Juni 2025
Liebe Schülerinnen und Schüler am Jakob-Brucker-Gymnasium in Kaufbeuren,
ich will euch auf meiner Homepage herzlich begrüßen. Ich komme im Juli zu euch zum Unterricht in die 10. Klassen, um über den Fund des Danuvius guggenmosi zu erzählen. Auf meiner Homepage habe ich die Möglichkeit, eure Fragen zu Danuvius guggenmosi auch nach dem Unterricht zu beantworten. Daher gibt es diese Seite.
Ich werde Fragen aus dem Unterricht sammeln oder ihr könnt mir Fragen über diese E-Mail-Adresse zukommen lassen:
info@danuvius-hammerschmiede.de.
Sicherlich werde ich nicht jede Frage beantworten, da Fragen auch mehrfach gestellt werden, ähnlich formuliert werden, zu einem Themenblock gehören oder das Thema auf meiner Homepage schon meist unter der Box Danuvius beschrieben ist.
Das Thema um die Funde in der Tongrube der Hammerschmiede ist so aktuell, dass es noch nicht in den Lehrbüchern zu finden ist. Daher habe ich auch ein Informationsblatt für euch zusammengestellt.
Danuvius guggenmosi - Unterricht, 10. Klasse Gymnasium, Biologie
Informationsmaterial könnt ihr für private Zwecke nutzen, ihr dürft es euch also gerne ausdrucken. Gewerbliche Nutzung ist nur mit meinem Einverständnis erlaubt.
(Siehe "Intention")
Ich freue mich auf euch!
Dr. Christine Laugwitz
Liebe Schülerinnen und Schüler,
der Unterricht bei euch hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich freue mich, dass bei euch das Thema um Danvius und die Tongrube der Hammerschmiede auf so reges Interesse gestoßen ist.
Eure
Dr. Christine Laugwitz
Mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung, 02. August 2025
Fragen aus unserem Unterricht:
Was sieht man von der Straße aus von der Tongrube?
Foto: 13.07.2025, Blick von der Eisenbahnbrücke, auf dem unteren Foto ist eine Markierung um die Tongrube in Rot zu erkennen.
Wenn man von Germaringen Richtung Pforzen fährt, sieht man die Tongrube von der Eisenbahnbrücke aus: Links vom Kirchturm und links vom Strommast. Es ist nur ein schmaler Streifen, den man zur Zeit sehen kann. Von Kaufbeuren kommend sieht man gerade so gut wie gar nichts. Schaut am Besten einmal im Winter, wenn das Laub fehlt.
Was muss man tun, wenn man ein Haus baut, und auf Knochen stößt? (Knochen in der Baugrube)
Wenn man auf Knochen in der Baugrube stößt, muss man einen Baustopp einlegen. Das Vorgehen ist normalerweise im Bebauungsplan geregelt, und den bekommt man, wenn man baut, von der Gemeinde oder Stadt ausgehändigt.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es menschliche oder tierische Knochen sind und welches Alter diese Knochen haben. Man kann nicht erwarten, dass ein Häuslebauer das unterscheiden kann. Daher wird über die Untere Denkmalschutzbehörde beim Landratsamt ein Fachmann vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege geschickt, der die Situation vor Ort beurteilt.
Zu Danuvius guggenmosi gibt es Funde, die Fingerglieder sind, und auch ein Teilstück eines Mittelhandknochens. Anatomisch kommt es leicht zu Verwechslungen zwischen Mittelhandknochen und Fingergliedern.
oben: Skelettrekonstruktion von Danuvius.
unten: menschliche Hand mit Haut.
Wenn man nur das Skelett betrachtet, könnten Finger 4 Glieder bzw. der Daumen 3 Glieder haben. Aber zuerst kommen die Mittelhandknochen, die den Fingergliedern sehr ähnlich sind, wenn sie so "nackig" aussehen. Also Finger haben 3 Fingerglieder, der Daumen hat nur zwei. Am besten ihr fangt im Foto links an zu zählen. Zwischen dem letzten und mittleren Fingerglied könnt ihr leider den Gelenkspalt nicht erkennen.
Links von der gelben Markierung sind Fingerglieder, zwischen der gelben und der roten Linie sind die Mittelhandknochen und rechts von der roten Markierung sind die Handwurzelknochen.
Genaueres zu den Funden an den Händen findet ihr auf folgender Seite meiner Homepage: Handknochen Danuvius
Wie erkennt man, was das für ein Tier ist?
Das ist in der Tat nicht immer einfach. Schon bei der Grabung haben die Wissenschaftler vielleicht eine Idee, welcher Tiergattung sie den Knochen oder Zahn zuordnen können, den sie gerade gefunden haben. Dazu ist viel Wissen und Erfahrung nötig. Die Funde werden - in unserem Fall - von der Tongrube nach Tübingen gebracht und in der Universität genauer betrachtet. Für die bestimmten Tiergattungen gibt es weltweit auch Spezialisten, die gegebenenfalls zu Rat gezogen werden. In den verschiedenen Universitäten gibt es Sammlungen von anderen Fundstellen. Da liegen wohlsortiert Fossilien, z.B. in Schränken mit Schubfächern, die vielleicht zu gleichen Tieren gehören. Es gibt auch Anatomieantlanten die zum Vergleich herangezogen werden können. Da heißt es vergleichen und Unterschiede finden. Ist der Größenunterschied vielleicht vorhanden, weil es ein Jungtier ist oder ist es eine Art mit geringerem Körperbau. Knochen und Zähne passen immer zum Verhalten eines Tieres. So gibt es ein typisches Fleischfresser- oder ein Pflanzenfressergebiss. Einer Hyäne würde man kein Pflanzenfresser-Zähnchen zusortieren, oder bei einem Eckzahn der wie ein Fangzahn aussieht, denkt man an ein Raubtier, vielleicht in der Tongrube an eine Säbelzahnkatze. Flügel sehen anders aus als Beine zum Laufen. Und, und, und. Also man hat einen Knochen oder Zahn und fragt sich, was kann ein Tier damit machen. Und dann hangelt man sich durch die Bandbreite der Zoologie, zu welchem Tier passt es am Besten. Interessant ist vor allem, wenn es ein Tier ist, dass noch keiner vorher kannte und es neu beschrieben wird.
Schwieriger ist es bei Bruchstücken, so wie bei dem Stück, das zu dem Oberarm von Danuvius gehört. Hier ist es in der Tat oft gar nicht möglich, eine eindeutige Antwort zu finden.
Interessant ist immer der Fundkontext. D.h. welche Funde gibt es hier in der Umgebung, könnte mein unbekanntes Stück hier einem gefundenen, eindeutig bestimmbaren Teil zugeordnet werden.
Wenn ihr einmal genauer hinschaut, es wird immer im Konjunktiv geschrieben oder mit Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten geschildert. Immer wieder muss im Nachhinein ein Fund korrigiert werden, weil neuere Erkenntnisse vorliegen.
Wird man noch weitere Funde zu Danuvius machen?
Ich hoffe sehr! Allerdings ist eine Prognose nicht möglich. Das Problem zur Zeit ist, dass man die Fundebene, in der man die Fossilien von Danuvius gefunden hat, freilegen muss, um weiter zu graben. Die Fundschicht HAM4 ist noch auf der Fundschicht HAM5. In dieser (HAM4) sind auch interessante Fossilien, die erst ausgegraben werden, bevor an der unteren Fundschicht (HAM5) weitergearbeitet werden kann. Wir hoffen, dass dies vielleicht in der kommenden Grabungssaison in diesem Jahr passiert. Dann ist es vorstellbar, dass hier weitere Funde zu Danuvius gemacht werden, vielleicht zu den Weibchen, die man entdeckt hat. Denn der Bereich des männlichen Tieres (Udo) ist bereits weitgehend abgetragen.
Warum ist der erste Fund nicht gleich veröffentlicht worden?
Das hätte keinen Sinn gemacht. Ein Fundstück allein ist noch keine Sensation. Um eine ordentliche Aussage zu einem Tier zu machen, sind mehrere Fossilien nötig. Die Bestimmung und Diskussion um einen Fund benötigt lange Zeit, die Diagnose sollte sicher sein. Das ist bei neuen Arten und Gattungen nicht so einfach, da kann man die Bestimmung nicht auf Vergleiche stützen. Durchaus müssen mehrere Wissenschaftler hier ihre Meinungen dazu beisteuern. Das kostet Zeit. Auch herrscht unter Wissenschaftlern ein großer Konkurrenzkampf. So werden Aussagen zurückgehalten. Desweiteren dauert es, wenn ein Artikel zur Veröffentlichung bei einer Fachzeitschrift eingereicht wird, bis dieser von anderen Wissenschaftlern geprüft wird, und dann freigegeben wird. Bei dem Artikel zu Danuvius guggenmosi in der Fachzeitschrift Nature hat es 4 Monate gedauert.
Warum ist das der erste Brustwirbel, wenn da nur eine Gelenkfläche für eine Rippe dran ist, könnte es nicht auch der unterste Brustwirbel sein?
Nein. Zunächst, ein Brustwirbel ist dadurch definiert, dass er Kontakt zu Rippen hat, oder die Rippen hier ansetzen. Die Rippen setzen zwischen zwei Wirbelkörpern an. D.h. der Anfang der Rippe hat einen Kontakt zum oberen Wirbelkörper und zum unteren Wirbelkörper. Bei dem obersten Wirbelkörper gibt es also nur eine Kontakt- oder Gelenkfläche am unteren Rand. Bei dem untersten Wirbelkörper ist der Kontakt an der oberen Kante. Zudem werden die Wirbel der Brustwirbelsäule von oben nach unten kräftiger. Also das ist beim Menschen so. Bei den Menschenaffen vermute ich auch, hier fehlen mir die exakten Anatomiekenntnisse. Bei Danuvius wird es auch so gewesen sein.
Wie lange dauert Verwesung?
Das ist eine Frage, die sehr umfassend ist. Ich will versuchen ein paar Kriterien anzuschneiden. Es gibt einfach zu viele Variante und Einflussgrößen in diesem Zusammenhang. Unter Verwesung versteht man zunächst mal das Vergehen der Weichteile eines Körpers.
Entscheidend sind vor allem die Umgebungstemperatur (und damit die Jahreszeit) und die Luftfeuchtigkeit. Desweiteren spielt das Gewicht/ die Größe des verstorbenen Tieres eine Rolle.
Wir gehen davon aus, dass es sich um ein totes Tier handelt, das in der Natur frei liegt. Erste Zersetzungen passieren durch die körpereigenen Bakterien und Pilze, die im Magen-Darm-Trakt des Tieres oder auf dessen Haut sind. Dazu kommen aus der Umgebung Fliegen und Maden. In der freien Wildbahn kommen größere Tiere, die sich größere Muskelmassen oder Knochen holen. Im Bayerischen Wald z.B. Luchse, im Berchtesgadener Land auch Geier.
Ein Tier, das im Winter stirbt, und vielleicht unter einer Schneedecke liegt, wird für einige Zeit gefroren sein, so dass mit diesem Tier kaum etwas passiert. Dieses Tier kann bis ins Frühjahr liegen. Im Frühjahr oder Herbst kann man sich vorstellen, dass ein totes Reh nach 4 Wochen skelettiert ist. Das bedeutet, es sind noch die Knochen übrig. An heißen Sommertagen kann das schon innerhalb von 1 Woche passieren.
Bei unserem Menschenaffen Danuvius könnte die Verwesung sehr schnell passiert sein, da er in einem subtropischen Klima lebte. Sein Körpergewicht mag mit dem eines Rehs vergleichbar gewesen sein. Von unserem Menschenaffen oder den anderen Tieren, die in der Hammerschmiede gelebt haben, wissen wir, dass insbesondere die Hartteile (Knochen und Zähne) sehr, sehr lange bleiben können, wenn sie gut eingebettet werden.
Was hat Danuvius gefressen?
Was Danuvius gefressen hat, lässt sich nur von seinen Zähnen ableiten. Dazu schaut man auf die Art der Zähne und die dicke des Zahnschmelzes. Daraus schließt Frau Prof. Dr. M. Böhme, dass er ein Allesfresser war, vergleichbar uns Menschen. Das ist natürlich eine offene Antwort. Sein Gebiss ähnelt schon dem von Menschen. Es gibt hier die verschiedenen Zahnarten (Schneidezähne, vordere und hintere Backenzähne; Eckzähne wurden nicht gefunden). Vermutlich hat er auf zähen Wurzeln oder Knollen gekaut. Das würde erklären, dass das Oberkieferfragment mit 4 Zähnen und das Unterkieferfragment mit 2 Zähnen nicht genau aufeinander passen. Am Außenrand ist das ein bisschen wackelig, wenn man die Fragmente aufeinandersetzt. Also am äußeren Rand sind die Zähne stärker abgenutzt. Er hat wohl auch mal auf harte Gegenstände gebissen, so könnte man die Erosionen (kleinen Löcher) auf der Kaufläche erklären. Das waren vielleicht Traubenkerne. Diese findet man in großen Mengen gerade in der Tongrube. Das könnte also passen. Ansonsten weiß man zu wenig von der Botanik. Auf die Jagd nach Fleisch wird er wohl nicht gegangen sein. Rennen mit einem Greifzeh ist da nicht so einfach. Er war auch nur etwa 1 m groß. Wie das mit Aas war, weiß ich nicht. Gras hat er weniger gegessen, denn da wurden nicht die typischen "Kratzer" auf dem Zahnschmelz nachgewiesen. Früchte und Blätter von Bäumen werden seine Hauptspeise gewesen sein.
Wie kann man die Individuen unterscheiden?
Die Unterscheidung ist anhand der Knochen und Zähne möglich. Und es gibt ein paar Grundregeln. Einmal vergleicht man die Größe der Fossilien, wenn man mehrere Funde hat, von der gleichen anatomischen Stelle. Also wenn ich zwei unterschiedlich große Oberschenkelköpfe habe, dann sind das sehr wahrscheinlich zwei verschiedene Tiere. Im Fall von Danuvius haben wir drei Oberschenkelköpfe. Ein rechter Oberschenkelkopf gehört zu dem männlichen Tier (Udo). Ein linker Oberschenkelkopf gehört zum ersten Weibchen, ein linker kompletter Oberschenkel gehört zum zweiten Weibchen. Bei einem kompletten Oberschenkel ist auch der Oberschenkelkopf dabei, wieder ein linker. Das kann man eindeutig sehen, was links und rechts ist.
Bei zwei linken Oberschenkelköpfen müssen es zwei verschiedene Tiere sein. Dann kann man noch die Größe der Oberschenkelköpfe messen. Das ist beim größeren Oberschenkelkopf ein Durchmesser von 29,2 mm, bei den anderen beiden ein Durchmesser von 22,8 bzw. 21,6 mm. Aufgrund dieses Unterschiedes werden die Knochen unterschiedlichen Geschlechtern zugeordnet. Dabei wird unterstellt, dass das Männchen das größere Tier ist.
Zum anderen kann man die Knochenkonsistenz vergleichen. Auch spielt eine Rolle, in welchem Zusammenhang die Knochen in den Ton- und Sandschichten abgelagert sind. Wenn sie nah beeinander gefunden werden und sie gehören zu einer Tierart, sind sie auch wahrscheinlich von einem Tier.
Was sind die ältesten Funde überhaupt?
Meines Wissens Cyanobakterien, mit einem geschätzten Alter von 3.5 Milliarden Jahren. Diese können sog. Stromatolithe produzieren.
An dieser Stelle bitte ich euch mit den geeigneten Stichworten weiter im Internet zu forschen, wenn ihr mehr wissen wollt.
Altersbestimmung mit der Radiocarbonmethode?
Diese Methode ist für unsere Funde nicht anwendbar, sie ist für Datierungen mit einem Alter bis zu 50.000 Jahre geeignet. Die Funde in der Hammerschmiede sind etwa 11,5 Mio. Jahre alt.
Buch von Madelaine Böhme
Dieses Buch steht in eurer Schulbücherei und beschreibt den Fund des Danuvius guggenmosi und anderer fossiler Funde, die in die Evolution der Primaten verankert werden.
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